Korrektur: 04.03.2024, Frankfurt am Main.
Diese Woche findet die Konferenz der Innenminister*innen der Bundesländer statt. Es ist davon auszugehen, dass neben dem Prozess zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete, auch die Arbeitspflicht für Asylbewerber*innen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und eine mögliche Ausweitung dieser diskutiert werden wird. Ausgelöst durch den Vorstoß des neu gewählten Landrats Christian Herrgott (CDU) im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis, die Arbeitspflicht auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes kurz vor der anstehenden Kommunal- und Landtagswahl einzuführen. Nach Asylbewerberleistungsgesetz sei die Arbeitsverpflichtung von Asylbewerber*innen zu gemeinnütziger Arbeit in Kommunen möglich. Diese dürfe täglich bis zu 4 Stunden Arbeit betragen. Die Asylbewerber*innen erhielten dafür eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde. Bei Verweigerung der Arbeitspflicht bestehe die Möglichkeit der Leistungskürzung, um bis zu 180 € im Monat nach.
Der Verbandspräsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager (CDU), forderte daraufhin die Ausweitung dieser Arbeitspflicht. Statt Asylbewerber*innen nur zu gemeinnütziger Arbeit in den Kommunen zu verpflichten, fordert Sager, deren Arbeitskraft ebenfalls Unternehmen, die unter dem Arbeitskräftemangel leiden, zur Verfügung zu stellen. Gegenüber der Bild erklärte Sager: „Die finanzielle Unterstützung des Staats ist nicht bedingungslos. Es geht nicht so sehr um den Mehrwert der Arbeit für die Gesellschaft, sondern um das Signal, das man sendet.”
„Dieser perfide Vorstoß so kurz vor der anstehenden Kommunalwahlen in weiten Teilen Deutschlands und den Landtagswahl in Thüringen, Sachsen und Brandburg zeigt das Interesse der Union deutlich. Sie wollen mit der Debatte um eine Anwendung und Ausweitung der Arbeitspflicht in Kommunen für Asylbewerber*innen das Bild der „faulen und arbeitsscheuen Flüchtlinge“ manifestieren. In ihrem halbherzigen Versuch, sich von der AfD abzugrenzen, bedient sich die Union in den vergangenen Monaten selbst immer wieder populistischer Mittel und rassistischer Klischees und biedert sich damit Rechtsaußen an, anstatt ernsthafte Debatten über progressive Einwanderungsmöglichkeiten und faire Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu führen”, erklärt Helena Wolf, stellvertretende Vorsitzende der Jusos Hessen-Süd.
Den Forderungen des Verbandspräsidenten Sager erteilen die Jusos Hessen-Süd eine klare Absage: „Statt den Fantasien der Union von Zwangsarbeiten zu ausbeuterischen Entschädigungen, brauchen wir eine ernsthafte Debatte darüber, wie die Einbindung von Asylbewerber*innen in den Arbeitsmarkt dem Arbeits- und Fachkräftemangel unter fairen Bedingungen effektiv entgegenwirken kann”, so die südhessische Juso-Vize Wolf. Auch die jüngsten Äußerungen der Freien Demokraten, die den Vorschlägen Sagers prinzipiell positiv gegenüberstünden, beobachte man bei den Jusos mit großer Sorge, so die 27-Jährige.
Ausdrücklich unterstütze die sozialdemokratische Jugendorganisation die Position ihrer Parteichefin Saskia Esken. Diese setzt auf den Job-Turbo, mit dem die Betreuung durch die Jobcenter intensiviert würde, um Fähigkeiten und Kompetenzen der Geflüchteten zu ermitteln und somit konkrete Arbeitsangebote zu unterbreiten. Dabei sei für die Jusos Hessen-Süd klar, dass solche Arbeitsangebote an eine faire Bezahlung geknüpft sein müssen, so die südhessische Vize Juso-Chefin. Positiv sehe man bei den Jusos auch die Einschätzung des sozialdemokratischer Arbeitsminister Hubertus Heil, der in der Arbeitspflicht für Asylbewerber*innen ebenfalls keine sinnvolle Grundlage für die Arbeitsmarktintegration sehe.
Dennoch bliebe der Jugendverband mit Blick auf die Migrations- und Asylpolitik ihrer sozialdemokratischen Mutterpartei weiterhin kritisch. Bereits in den vergangenen Wochen machten die Jusos ihre Ablehnung gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete rund um den südhessischen Bundesvorsitzenden Philipp Türmer deutlich.
Mit Blick auf die im April anstehende Bezirkskonferenz der Jusos Hessen-Süd sei davon auszugehen, dass ein Beschluss zur Anpassung des Asylbewerberleistungsgesetzes hinsichtlich der Arbeitspflicht gefasst wird.